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Primärer Immundefekt:
Arten, Symptome und Behandlung

Wer unter einem primären Immundefekt leidet, ist von Geburt an anfällig für Infektionen: Der Körper kann Krankheitserreger wie Viren und Bakterien kaum abwehren. Diese Form der Immunschwäche ist selten und nicht heilbar. Sie lässt sich aber behandeln.

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Ein primärer Immundefekt (PID) besteht bei Menschen, deren körpereigenes Abwehrsystem von Geburt an (= primär) geschwächt ist. Die Immunschwäche (Immuninsuffizienz) verhindert, dass sich das Immunsystem erfolgreich gegen Krankheitserreger wie Viren und Bakterien wehren kann. Deshalb begünstigt die geschwächte Immunabwehr eine Vielzahl von Infektionskrankheiten.

Neben dem angeborenen primären Immundefekt gibt es auch einen erworbenen (sekundären) Immundefekt, der sich zum Beispiel nach einer schweren Krankheit entwickelt. Der primäre Immundefekt ist seltener als der sekundäre. In der Schweiz sind schätzungsweise 1'200 Kinder und Erwachsene von einer primären Immunschwäche betroffen.

Auch wenn der primäre Immundefekt (PID) angeboren ist, lässt sich nur selten schon bei Säuglingen erkennen, ob eine Immunschwäche vorliegt. Häufig zeigt sich die Abwehrschwäche erst im Erwachsenenalter

Es gibt nicht nur einen einzigen primären Immundefekt mit einer sich daraus entwickelnden Krankheit, sondern eine Vielzahl von Erscheinungen. Die Symptome eines PID können sich deshalb anhand verschiedenster Beschwerden und Krankheiten zeigen, zum Beispiel häufigen Erkältungen, Lungenentzündung (Pneumonie), Hirnhautentzündung (Meningitis), bakterielle Zahnfleischentzündung (Parodontitis) und anderen Infektionen im Mund, aber auch in Form von Krebs oder Autoimmunerkrankungen.

Bei Kindern deuten folgende Infekte auf einen primären Immundefekt hin. Unter anderem:

  • 8 oder mehr eitrige Mittelohrentzündungen im Jahr
  • 2 oder mehr Lungenentzündungen im Jahr
  • 2 oder mehr Nasennebenhöhlenentzündungen im Jahr

Bei Erwachsenen sind es beispielsweise:

  • 4 oder mehr mit Antibiotika behandelte Infektionen im Jahr
  • 2 oder mehr Lungenentzündungen innerhalb von drei Jahren
  • 2 oder mehr schwere bakterielle Infektionen (z. B. Blutvergiftung, Hirnhautentzündung)

Der primäre Immundefekt ist genetisch bedingt. Mehr als 400 Gene sind bekannt, bei denen Defekte die Immunabwehr schwächen und einer Vielzahl von Krankheiten den Weg ebnen. Aufgrund dieser Vielfalt wird der primäre Immundefekt oft erst spät erkannt.

Wichtige Elemente der Immunabwehr, die bei einem PID gestört sein können, sind:

  • B-Lymphozyten: Ein Mangel dieser weissen Blutkörperchen erleichtert zum Beispiel bakterielle Infektionen.
  • T-Lymphozyten: Sind zu wenige dieser weissen Blutkörperchen vorhanden, begünstigt dies Virusinfektionen.
  • Phagozyten: Die sogenannten Fresszellen – ebenfalls weisse Blutkörperchen – bekämpfen Bakterien, Pilze und Parasiten.
  • Antikörper (Immunglobuline): Sie wehren ebenfalls Krankheitserreger ab. Es gibt verschiedene Unterformen wie IgG oder IgA. Bei einem Mangel an Immunglobulinen sprechen Mediziner von einer Hypogammaglobulinämie.

Es gibt viele Formen des primären Immundefekts. Zu den bekanntesten gehören die folgenden:

  • Wenn bestimmte Defekte von T-Zellen und B-Zellen (T-Lymphozyten, B-Lymphozyten) gemeinsam auftreten, spricht man von einem schweren kombinierten Immundefekt (Severe Combined Immunodeficiency), kurz SCID („skid“ ausgesprochen). Ein SCID macht Erreger, die bei Menschen ohne primären Immundefekt keinen grösseren Schaden anrichten, besonders gefährlich.
  • Beim variablen Immundefektsyndrom (Common variable immune deficiency), kurz CVID, besteht ein angeborener Antikörpermangel. Er führt häufig zu Infektionen der Ohren und Atemwege.
  • Das Louis-Bar-Syndrom ist ein Defekt von B-Zellen und T-Zellen. Oft zeigt sich dieser primäre Immundefekt bei kleinen Kindern in Form von Bewegungsstörungen.

Wenn ein primärer Immundefekt Behandlung erfordert, dann geht es dabei nicht nur um die Infektionskrankheiten, die als Folge der Abwehrschwäche entstehen. Auch der primäre Immundefekt selbst wird therapiert. Er lässt sich zwar nicht heilen, aber man kann dem Immunsystem die fehlenden Waffen zur Bekämpfung von Erregern von aussen zuführen. So werden die Patienten weniger anfällig für Infekte und die damit verbundenen Erkrankungen.

Das geschieht mit einer Immunglobulin-Therapie: Aus dem Blutplasma gesunder Menschen gewonnene Antikörper werden in die Vene (intravenös) oder unter die Haut gespritzt (subkutane Infusion). Ein Vorteil der subkutanen Therapie: Die Patienten können sich selbst behandeln.

Manche von einem primären Immundefekt Betroffene verspüren lange Zeit keine oder nur milde Symptome. Sie ahnen vielleicht nicht einmal, dass die Zahl ihrer Lymphozyten zu niedrig ist. Bei anderen führt ihr niedriger Lymphozytenwert oder ihr Antikörpermangel zu häufigen Beschwerden wie Husten, Fieber, Durchfall oder Übelkeit. Und wieder andere mit einem primären Immundefekt leiden unter schweren Symptomen, die womöglich lebensbedrohlich sind.

So unterschiedlich wie die Beschwerden sind auch die Einschränkungen im Alltag, die der primäre Immundefekt mit sich bringt. Viele Betroffene führen ein normales Leben, treiben Sport und verreisen. Das Immunsystem darf dabei aber nicht überlastet werden, ärztliche Absprache sollte erfolgen.

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  • S2k-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Immunologie e.V. (DGfI): Diagnostik auf Vorliegen eines primären Immundefektes (PID) (Stand: Oktober 2017)
  • Kinderspital Zürich: Immunologie, unter: www.kispi.uzh.ch (Abrufdatum: 14.11.2022)
  • Universitätsspital Zürich: Immundefekte, unter: www.usz.ch (Abrufdatum: 14.11.2022)
  • Göschl, L., Vossen, M.: Diagnostik und Therapie bei primären Immundefekten / „inborn errors of immunity“. Wiener klinische Wochenschrift Education; 14; 65–79 (2019)